
Die lange Coding-Nacht am St.-Georg-Gymnasium in Bocholt brachte über 80 Schülerinnen und Schüler das Programmieren und Basteln mit dem Raspberry Pi bei.
Nachdem ich mich am Samstag erst einmal von der durchgemachten Nacht erholen musste, kann ich nun endlich ausführlicher von der „langen Coding-Nacht am Georgs“ am Fr., d. 17. April 2015 am St.-Georg-Gymnasium in Bocholt berichten. Die Veranstaltung mit über 80 Schülerinnen und Schülern der 7. & 8. Klassen war einfach großartig. Aber der Reihe nach…
Die Vorbereitung
Begonnen hat alles vor ca. einem halben Jahr mit der Bewerbung für den Code Week Award 2015. Aufgrund der positiven Erfahrungen, die ich mit meiner Raspberry Pi-AG, den daraus entstandenen OER-Materialien und Workshops sowie meinem Video-Training gemacht habe, kam mir recht schnell die Idee, ein Konzept für eine Programmiernacht zu entwerfen, in der Kinder, die zuvor noch nie programmiert haben, dafür begeistert werden können, eigene Elektronik-Projekte zu entwerfen und Programme zu schreiben.
Im Februar kam dann die Nachricht, dass unsere Schule tatsächlich zu den Gewinnern gehörte:
Die anschließende Einladung der Schülerinnen und Schüler brachte dann die nächste Überraschung: Statt der geplanten 30 hatten sich über 80 Kinder der 7. und 8. Klassen unserer Schule für die Veranstaltung angemeldet. Dadurch musste die anfängliche Planung etwas korrigiert werden, aber das Geld reichte dennoch aus, um jedem Teilnehmer einen Raspberry Pi inkl. SD-Karte zu kaufen.
Bei dem anderen Zubehör war dann etwas Improvisation gefragt, denn ursprünglich war geplant, dass jeder die Teile zum Bau eines eigenen Bluetooth-Joysticks bekommt.
Dafür reichte das Geld jedoch nicht, so kam ich auf die Idee des Ü-Ei-Controllers, der nur ca. 50 Cent kostet, aber dennoch das Prinzip verdeutlicht, wie sich mit dem Pi Knöpfe und LEDs ansteuern lassen. Beim Einsatz des Controllers sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt – er lässt sich z. B. sowohl für einfache Python-Programme als auch die Steuerung von Minecraft verwenden.
Das Konzept
Organisationsort war das Lernzentrum unserer Schule, das für die Coding-Nacht umgebaut und mit über 40 Computer-Arbeitsplätzen ausgestattet wurde, so dass die Möglichkeit bestand, dass die Kinder ihren Pi an einen Monitor, Maus und Tastatur anschließen konnten, um anschließend zu programmieren. Folgende Stationen wurden aufgebaut:
- Basteln einer Hülle für den Raspberry Pi aus Tonpapier
- Einen elektronischen Würfel löten
- Programmieren mit Scratch
- Programmieren mit Minecraft
- Eine Digitalkamera bauen
- Taste und LED anschließen
- Musik komponieren mit Sonic Pi
Zur Veranschaulichung der Arbeitsvorgänge habe ich eine Handreichung geschrieben, die ebenfalls an alle Teilnehmer ausgeteilt wurde. Sie steht unter der CC-Lizenz und kann ab sofort kostenlos heruntergeladen werden.
Die SD-Karten wurden mit dem regülären Raspbian-Image bespielt. Zusätzlich installiert wurde lediglich ein neues Hintergrundbild, die Textverarbeitung „Abi-Word“ sowie das Python-Programm „network.py“, das für die Station zum Bau eines Netzwerks nötig war.
Die Unterstützer

Der Bundestagsabgeordnete Sven Volmering gab einen Einblick in seine Arbeit als Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Digitale Bildung.
Die Stationen wurden von den Mitgliedern meiner AG betreut, die mittlerweile über hervorragende Kenntnisse im Programmieren und Basteln mit dem Pi verfügen. Eine besondere Ehre war der Besuch des Bundestagsabgeordneten Sven Volmering, der einen Antrag zur Digitalen Bildung verfasst und vor kurzem im Bundestag vorgestellt hat.
Sehr interessant war zudem die Rede der ebenfalls aus Berlin angereisten Marie-Luise Schade von der Technologiestiftung Berlin. Sie hat die Idee des Code Week Awards beschrieben und von dem enormen Engagement berichtet, das derzeit zur Förderung von Veranstaltungen zur digitalen Bildung betrieben wird. 2013 gab es zur CodeWeek keine einzige Veranstaltung in Deutschland, 2014 waren es immerhin 68, was aber im Vergleich zu den über 500 Veranstaltungen z. B. in Irland noch viel zu wenig ist.

Friedhelm Düsterhöft zeigte, mit welchen Tools Hacker arbeiten und wie sie Sicherheitslücken ausnutzen, um Daten zu stehlen.
Ein weiteres Highlight des Abends war der einstündige Vortag des IT Security Consultants Friedhelm Düsterhöft, der gezeigt hat, wie einfach eine Schwachstelle in einem Computer-System dazu genutzt werden kann, in den Rechner einzubrechen und sich Zugang zu allen Daten zu verschaffen.
Die dafür eingeserte Linux-Distribution Kali-Linux läuft übrigens auch auf dem Raspberry Pi. Anschließend bestand für die Schüler die Gelegenheit, Fragen zu stellen und mehr aus dem Alltag eines professionellen Hackers zu erfahren.
Fazit
Kinder wollen erfahren, wie Computer funktionieren und sie müssen es auch, um in Zukunft der Technologie, die immer stärker in unser Leben eingreift, nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Der Raspberry Pi, hergestellt von einer gemeinnützigen Organisation und produziert in England, ist hierfür das ideale Werkzeug. Die Version 2, die viele Verbesserungen mit sich gebracht hat, ist ein vollwertiger PC, der wie gemacht für den Einsatz in der Schule ist.
Umso unverständlicher ist es, dass das Gerät in Deutschlands Schulen kaum zum Einsatz kommt. Das Vorbild England zeigt uns, wie ein modernes Mediencurriculum aussehen muss und wie man es mit minimalen finanziellen Mitteln realisieren kann. Für den Preis von zehn iPads lässt sich locker ein ganzer Jahrgang mit Raspberry Pis ausstatten, die zwar nicht ganz so intuitiv zu bedienen sind, aber dafür viel mehr Möglichkeiten bieten, weil sie z. B. Schülerinnen und Schüler mit Open Source Software vertraut machen, Programmiersprachen lehren und zu kreativen Elektronik-Projekten anregen.
Wir hoffen daher sehr, dass unsere Veranstaltung spätestens bei der nächsten Code Week vom 10. – 18. Oktober 2015 viele Nachahmer findet. Es folgen abschließend noch ein paar Bilder von der langen Coding-Nacht:
Ich kann nur zustimmen, dass die Coding Nacht ein voller Erfolg war und es hat riesigen Spaß gemacht dort zu helfen, aber auch mal etwas neues Auszuprobieren!
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