
Der LEGO-Code: Die neue vierteilige Serie auf MEDIENISTIK.DE
Es ist wieder soweit: Ich baue LEGO; wie eigentlich jedes Jahr zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel verbringe ich meine Zeit mit dem Sortieren, Suchen und Zusammensetzen kleiner Plastikteile und lasse die Gedanken schweifen: Sind diese kleinen Steckachsen, Räder und Motoren nicht das ideale medienpädagogische Spielzeug? War nicht LEGO der Ursprung meiner Begeisterung für Technik und Computer? Sollte die digitale Schule auf LEGO bauen?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und da ich zudem 2018 eine Fortbildung für Lehrkräfte über LEGO als Unterrichtsmaterial veranstalte, ist es für mich an der Zeit, tiefer in die Welt der bunten Klötzchen abzutauchen.
Dies ist Teil 1 meiner kleinen vierteiligen Blog-Serie namens „Der LEGO-Code„, die von nun ab wöchentlich erscheint. Die Themen lauten wie folgt:
- 1. Teil: MIT & Mindstorms (02.01.18)
- 2. Teil: LEGO in der Schule (09.01.18)
- 3. Teil: Der Raspberry Pi & LEGO (16.01.18)
- 4. Teil: Stein der Weisen? (23.01.18)
Disclaimer: Ich versuche in meinem Blog objektiv zu sein, aber beim Thema LEGO bin ich hoffnungslos befangen: Ich war immer ein LEGO-Kind (siehe Foto unten) und bin es noch heute. Dennoch wage ich in dieser vierteiligen Serie auch einen kritischen Blick auf mein Lieblingsspielzeug, denn in diesem Artikel soll es nicht nur um LEGO in den eigenen vier Wänden, sondern der Schule gehen und das ist – wie sich zeigen wird – etwas ganz anderes.
Making für Einsteiger

Meine Hobbys in den 80ern: Skateboard & LEGO
Das Ziel von LEGO bestand schon immer darin, Technik im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“ zu machen. Schon 1966 trieb ein kleiner Elektromotor den LEGO-Zug an und seit 1990 erlaubte das Technic Control Center, elektronische Bauteile wie Motoren und LEDs (wenn auch nur sehr rudimentär) zu programmieren.
Letzteres Set war auch mein Einstieg in das, was sich heute „Physical Computing“ nennt. Fast drei Jahrzehnte später hat LEGO eigene Mini-Computer im Programm, die auch den Bau komplexer Roboter ermöglichen.
Dass diese Sets ein tolles (wenn auch recht teures) Spielzeug sind, steht für mich außer Frage, aber eignen sie sich auch für den Einsatz in der Schule? Bevor diese zentrale Frage am Ende der Serie beantwortet werden soll, lohnt sich zunächst ein Blick auf die Geschichte der programmierbaren LEGO-Teile, die zugleich auch eine Geschichte der Anfänge der modernen Medienpädagogik ist.
Kooperation mit dem MIT
Bereits 1987 entwickelte LEGO in Kooperation mit dem MIT Media Lab den ersten programmierbaren LEGO-Stein. Dieser blieb jedoch ein Prototyp. Erst 11 Jahre später, also 1998, wurde im Royal College of Art in London das erste Produkt dieser Kooperation vorgestellt: LEGO Mindstorms, benannt nach dem gleichnamigen Buch von Seymour Papert über die LOGO-Programmiersprache.
Hauptbestandteil von LEGO Mindstorms ist ein kleiner Computer namens „RCX“, der in einem LEGO-Block untergebracht und mit einem 16MHz Prozessor und 32KB Ram ausgestattet ist. Er wurde verkauft im Set mit zwei Motoren, zwei Berührungssensoren sowie einem Licht-Sensor. Die Programmierung erfolgt mit der Software Robolab, die auf LabVIEW von National Instruments basiert. LabVIEW ist eine professionelle Programmiersprache, die z. B. von der NASA und Boeing verwendet wurde und noch heute im Einsatz ist.

Der RCX-Computer, Motoren, Sensoren, der „Tower“ und andere Bauteile

Das Set kam mit einer gedruckten Anleitung.

Weitere Bauteile aus dem Mindstorms-Set
Die Datenübertragung erfolgte bei diesem Modell mittels Infrarot. Fun Fact: Die Übertragungsgeschwindigkeit stieg merklich an, wenn man das Licht ausschaltete. Angeschlossen wurde der für die Übertragung notwendige „Tower“ über eine serielle Schnittstelle, was es etwas schwierig macht, das Set heute noch zu benutzen. Abhilfe schafft ein Adapter oder ein später von LEGO hergestellter Tower mit USB-Anschluss.
Der Nachfolger zum RCX-Block erschien 2006 und nannte sich „Mindstorms NXT„. Das Set kam mit drei Motoren, einem Lichtsensor, einem Soundsensor, einem Ultraschall-Sensor und einem Touch-Sensor. Der NXT genannte Computer besitzt einen 48 MHz Prozessor sowie 64 KB Ram. Die Übertragung des Programmcodes erfolgte nun direkt über USB.

Ein LEGO NXT-Roboter
Der NXT lässt sich jedoch auch ganz ohne Computer programmieren, was zwar etwas mühsam ist, aber gerade im schulischen Einsatz erhebliche Vorteile hat. Erstmals ließen sich die LEGO-Roboter so auch außerhalb des Computerraums zum Leben erwecken.
Außerdem stiegen die Möglichkeiten, die das Set bot, enorm an. Mit LEGO NXT waren nun auch komplexe Konstruktionen möglich, etwa ein LEGO-Schachspiel oder ein Roboter, der den Rubiks Cube lösen kann.
Nach einem eher unspektakulären Update mit wenigen Änderungen (NXT 2.0) erschien 2013 die nächste Generation der programmierbaren LEGO-Stein: EV3. Der EV3 besitzt einen 300MHz Prozessor, 64 MB RAM und 16MB Speicher. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen ist hier also ein „richtiger“ Computer verbaut, der einige Zeit braucht, bis er einsatzbereit ist. Dafür bietet er natürlich auch mehr Funktionen, darunter Bluetooth, Wifi und einen SD-Kartenslot.
Die Pädagogik von LEGO
Im Zuge der Zusammenarbeit mit dem MIT entstanden nicht nur neue Produkte, sondern auch wegweisende medienpädagogische Texte, z. B. „LEGO/Logo: Learning Through and About Design“ von Mitch Resnick und Stephen Ocko, die bereits 1991 darüber nachdachten, wie man Schülerinnen und Schülern die Bedeutung von „Design“ beibringen könne. In dem Artikel heißt es hierzu:
In our experience, design activities have the greatest educationally value when students are given the freedom to create things that are meaningful to themselves (or others around them). In such situations, students approach their work with a sense of caring and interest that is missing in most school activities. As a result, students are more likely to explore, and to make deep „connections“ with, the mathematical and scientific concepts that underlie the activities. This idea is at the core of Papert’s theory of constructionism
Die Programmiersprache Logo, die für den RCX verwendet wurde, verwendet im Prinzip die altbekannte „Turtle“-Metapher. Für Nicht-Programmierer: Die Kinder lernen hier das Programmieren, indem Sie Befehle an ein Objekt geben, etwa „Gehe einen Schritt vorwärts“, „Drehe dich nach links“ usw. LEGO ermöglichte es, dass dieses Objekt nicht nur auf dem Bildschirm erscheint, sondern in der realen Welt herumfährt. Das Programmieren wurde um eine haptische Dimension erweitert – das „Physical Computing“ war geboren.
Mitch Resnick und Stephen Ocko fassten am Ende des Artikels ihr pädagogisches Programm in wenigen Leitlinien zusammen:
- Kindern die Kontrolle übergeben
- Mehrere Wege zum Lernziel ermöglichen
- Einen Sinn für Gemeinschaft wecken
Auch über ein Vierteljahrhundert später haben diese Ideen nichts von Ihrer Aktualität verloren und Mitch Resnick, übrigens heute noch Leiter der „Lifelong Kindergarten„-Gruppe am MIT, entwarf einige Jahre später die bald schon erfolgreichste Programmiersprache für Kinder: Scratch. Wer Resnick noch nicht kennt, sollte sich übrigens auch unbedingt seinen TED-Talk „Lehren wir Kindern Programmieren“ anschauen:
Dies ist zudem ein guter Schlusspunkt für den ersten Teil dieser Serie. Weiter geht`s in der nächsten Woche (genauer am 08.01.18) mit Teil2: LEGO in der Schule. Wer keinen Teil verpassen will, sollte einfach diesen Blog abonnieren (dazu ganz nach unten scrollen, E-Mail-Adresse eingeben und auf „Follow“ klicken) oder mir einfach auf Twitter folgen.
Allen Leserinnen und Leser noch ein frohes, erfolgreiches & gesundes neues Jahr und bis bald!
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