Science Fiction als Vorbild? Lernen in der OASIS

Gerade habe ich die beiden Romane „Ready Player One“ und den Nachfolger „Ready Player Two“ von Ernest Cline gelesen. In beiden Büchern steht die „OASIS“ im Mittelpunkt – eine virtuelle Traumwelt, die durch immer perfektere Immersion die Menschheit in ihren Bann zieht. Da in den Science-Fiction-Romanen der voranschreitende Klimawandel die Erde zunehmend unbewohnbar gemacht hat, findet mehr oder weniger das gesamte private und öffentliche Leben in dieser virtuellen Welt statt.

Eine der großen Stärken der beiden Romane besteht darin, diese Welt in schillernden Details zum Leben zu erwecken. Im zweiten Roman hat mich vor allem die Stelle fasziniert, in der sozusagen die Grundschule der OASIS beschrieben wird und ich fand die Idee dahinter so interessant, dass ich sie hier einmal näher beschreiben möchte.

Lernen ohne Werbung

In der OASIS bekommen alle Kinder unter dreizehn ein „Be-Free Treehouse“ auf einem eigenen Lern-Planeten, wenn sie zuvor einige kostenlose Lern-Quests absolviert haben. Dies gehört einem dann für den Rest des Lebens und niemand anderes darf es betreten.

Die Erfinder der OASIS, Kira und Og, erschufen diesen Lern-Planeten, „um Kindern überall auf der Welt ein freies und glückliches virtuelles Zuhause in der OASIS zu geben, einen Ort, an den sie sich jederzeit zurückziehen konnten. Hier waren sie von Unmengen von Kuscheltiere und anthropomorphen tierischen Lehrern umgeben, die sich stets freuten, sie zu sehen, und die ihnen Lesen, Schreiben und Rechnen beibrachten, ihnen zeigten, wie man sich körperlich fit hielt und nett zu anderen war.“ (S. 280)

Das Be-Free-Treehouse besteht aus einem großen, kleinräumigen Raum mit Fenstern, durch die man einen Blick auf den umliegenden Wald hatte. „Auf der einen Seite stand eine große Fernsehkonsole, direkt vor einem riesigen, blauen Sofa. […] Wenn man an den großen Knöpfen des Fernsehers drehte, konnte man Sendungen aus einer riesigen Bibliothek alter Lernprogramme für Kinder aus dem ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert anschauen.“ (S. 281) Der gesamte Planet ist zudem frei von Werbung und Mikro-Transaktionen.

Vorbild für Soziale Medien?

Natürlich ist die OASIS in gewisser Weise ein Horror-Szenario. Wer möchte schon ausschließlich in der digitalen statt in der realen Welt leben? Aber dennoch liefert diese Dystopie einige interessante Anregungen:

Denn das Äquivalent zur OASIS in unserer Zeit, also die sozialen Medien, haben einen viel stärkeren negativen Einfluss auf unsere Kinder als bislang gedacht. Psychology Today etwa schreibt, dass Schülerinnen und Schüler heutzutage im Durchschnitt so ängstlich sind, wie Insassen einer Psychiatrie in den 1950er-Jahren – eine Entwicklung, für die sicherlich nicht ausschließlich soziale Medien verantwortlich zu machen sind, aber neue Untersuchungen, wie sie etwa auch in der Dokumentation Screened Out zu sehen sind, legen den Verdacht schon sehr nahe, dass Instagram, TicTok etc. nicht gut für die seelische Gesundheit unsere Kinder sind.

Der Comedian Bill Maher hat diese und andere Fakten zu einem bösen, aber dennoch interessanten Kommentar zusammengefasst, der sehenswert ist:

Es wäre also an der Zeit, dass soziale Medien Verantwortung übernehmen und ein Angebot schaffen, dass Kinder und Jugendliche schützt, statt sie zu vermarkten. Die OASIS könnte bei dieser Transformation als Vorbild dienen – ein Vorbild für eine digitale Welt, in der Kinder nicht bereits im Vorschulalter süchtig nach dem nächsten digitalen Domamin-Kick gemacht werden, sondern tatsächlich das Kindeswohl der oberste Maßstab ist.

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